23.04.2024
|
|
|
Guten Morgen Rosina Kaiser,
|
|
das Drehbuch für das Ende der Ampelkoalition hat keiner der Akteure bisher zu Papier gebracht. Aber in den Köpfen existiert es, wenn auch nur in Fragmenten.
|
|
Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner © imago
|
|
Der Vorteil: In einem von Selbsterhitzung geprägten politischen Klima schreibt sich dieses Drehbuch einer Entfremdung fast von alleine. Die implosiven Kräfte der Regierung haben sich in einer zunächst gemächlichen und neuerdings beschleunigten Kettenreaktion in Gang gesetzt. Sie warten nur noch auf Selbstentzündung. Die Temperatur der hier wirkenden Delegitimierungsdynamiken ist in den Messungen der Demoskopen präzise abzulesen. Die Kanzlerpartei SPD hat seit Regierungsantritt rund 38 Prozent oder 10 Prozentpunkte verloren und stürzte von 25,7 Prozent der Stimmen bei der Bundestagswahl 2021 in aktuellen Umfragen auf 16 Prozent ab. Die FDP hat in aktuellen Umfragen (fünf Prozent) rund sechs Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl (11,4 Prozent) und damit mehr als 50 Prozent ihrer damaligen Zustimmung eingebüßt. Die Grünen kamen am glimpflichsten davon. Ihre Zustimmung sank seit der Wahl lediglich von 14,7 auf 12 Prozent.
|
|
Peter Sloterdijk auf der Pioneer One. © Anne Hufnagl
|
|
Der Philosoph Peter Sloterdijk hat in „Die schrecklichen Kinder der Neuzeit“ das Präludium dieses Dramas bereits hinterlegt:
|
|
|
Das Gewesene und noch Vorhandene wird ins Nichts der mangelnden Berechtigung gestürzt.
“
|
|
|
In der Business Class habe ich für Sie aufgeschrieben, warum der Regierungschef und seine Minister ihrer Finalität entgegen stolpern, auch wenn der Vorwärtsdrall ihrer Bewegung durch die vor- und wieder abfahrenden Limousinen gedämpft wird. Viel Spaß!
|
|
Christian Dürr © Imago
|
|
Gestern stellte das Präsidium der FDP „12 Punkte zur Beschleunigung der Wirtschaftswende“ vor. Dieser Plan sorgt für Eiszeit innerhalb der Ampel-Regierung, denn hier wird all das gefordert, was SPD und Grüne freiwillig nicht bereit sind, zu geben.
Im Pioneer Podcast unterhalte ich mich mit dem Fraktionschef der FDP, Christian Dürr. Der Einschätzung der Union zu dem Papier, Markus Söder etwa spricht von einer „Scheidungsurkunde“ für die Ampel, erteilt er eine klare Absage:
|
|
|
Das ist mir – offen gestanden – ein zu spielerischer Ansatz bei der ganzen Geschichte. Und es wundert mich doppelt, weil an vielen Problemen die Union ja durchaus eine erhebliche Mitverantwortung trägt. Was ich mir wünschen würde, da, wo die Union auch in den kommenden Wochen und Monaten Verantwortung trägt, beispielsweise über den Bundesrat, dass man die Dinge nicht wieder blockiert, sondern zum Laufen bringt.
“
|
|
|
|
Klick aufs Bild führt zur Podcast-Page.
|
|
|
|
100 Prozent. Das Ziel war ja, als die FDP die Regierungsverantwortung 2021 im Dezember bekam, das Land zum Besseren zu verändern.
“
|
|
|
|
|
Es hat manche Streiterei, das gebe ich gerne zu, in der Ampel gegeben. Am Ende haben wir aber gute Lösungen gefunden und das muss auch jetzt das Ziel sein. Wenn alle erkennen, wir müssen beim Thema Wirtschaft etwas tun, dann ist meine Erwartungshaltung, dass diese Koalition auch liefert.
“
|
|
|
Dass Grüne und SPD sich bislang wenig euphorisch auf die Vorschläge der FDP reagiert haben, stimmt Dürr nicht pessimistisch, denn jetzt müsse gehandelt werden:
|
|
|
Dass drei Partner unterschiedlicher Auffassung sind, ist absolut legitim. Aber gleichzeitig muss einem eins klar sein: Deutschland hat anderthalb Jahrzehnte zu wenig Reformpolitik gemacht. An uns ist es jetzt, die Dinge zum Besseren zu wenden.
“
|
|
|
Dass die deutsche Wirtschaft schwächelt, sei nicht erst seit Regierungsantritt der FDP der Fall, stellt Dürr klar:
|
|
|
Deutschland hat in Wahrheit ja nicht erst im letzten Jahr das Wachstum eingestellt, sondern schon seit vielen Jahren.
“
|
|
|
|
© The Pioneer
|
|
Dazu passt: Aus der Hauptstadt liefern meine Kollegen die Hintergründe zur FDP-Strategie. Die Analyse: Eine Eskalationsspirale in drei Phasen ist möglich. Am 3. Juli soll der Haushalt beschlossen werden. Bis dahin muss ein für die FDP vermarktbares Wirtschaftswende-Paket beschlossen sein. Oder es steht eben nicht.
Und was passiert, wenn sich die FDP mit ihren Koalitionspartnern am Ende nicht einigen kann? Drei Szenarien sind denkbar, aber nur eines realistisch. Welches, erfahren Sie in „Hauptstadt – Das Briefing“.
|
FDP: Die Kampfansage
|
Was passiert, wenn die FDP die Koalition sprengt? Ein Zeitplan und drei Szenarien.
|
|
|
|
|
Markus Söder © imago
|
|
Derweil mehren sich in der Opposition die Rufe nach Neuwahlen. Markus Söder legte nach und zog einen historischen Vergleich:
|
|
|
Wer mit Lambsdorff spielt, muss auch Lambsdorff machen.
“
|
|
|
|
Sahra Wagenknecht © imago
|
|
Sahra Wagenknecht pflichtet ihm bei:
|
|
|
Die Scheidungspapiere der Ampel sind längst unterzeichnet. Aber für ein Trennungsjahr bis Ende 2025 hat das Land keine Zeit.
“
|
|
|
Den passenden Wahltermin hat sie auch schon zur Hand: Am 1. September – wenn in Thüringen und Sachsen neue Landtage gewählt werden – sollen gleich alle Bürger zur Wahlurne schreiten. Wer Wagenknechts Position kennenlernen möchte und mit ihr selbst ins Gespräch kommen will, der ist morgen Abend auf der Pioneer One herzlich willkommen. Die letzten Tickets gibt es hier.
|
Karrierewechsel: Deutschlands Chefermittlerin im Cum-Ex-Steuerbetrug, Anne Brorhilker, hat ein Entlassungsgesuch aus dem Beamtenverhältnis aufgegeben und will damit ihren Job als Oberstaatsanwältin niederlegen. Goodbye Martin Brudermüller: Am kommenden Donnerstag wird der BASF-Chef den börsennotierten Chemiekonzern verlassen. Josephine Baker: Die Neue Nationalgalerie in Berlin widmet der Ikone eine Ausstellung. Die Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin wird in Bewegung als „Icon in Motion“ gezeigt.
|
|
Klick aufs Bild führt zur US-Edition. © The Pioneer
|
|
|
Anne Brorhilker © dpa
|
|
Karrierewechsel: Deutschlands Chefermittlerin im Cum-Ex-Steuerbetrug, Anne Brorhilker, hat ein Entlassungsgesuch aus dem Beamtenverhältnis aufgegeben und will damit ihren Job als Oberstaatsanwältin niederlegen. Sie möchte sich künftig als Geschäftsführerin der Nichtregierungsorganisation „Finanzwende“ in Berlin für den Kampf gegen Finanzkriminalität einsetzen.
Frustration siegt: Ihre Entscheidung begründete Brorhilker im WDR-Interview so:
|
|
|
Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich von Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird. Da geht es oft um Täter mit viel Geld und guten Kontakten, und die treffen auf eine schwach aufgestellte Justiz.
“
|
|
|
Fehlender politischer Wille: Die Strafverfolgung gerade im Bereich der Finanzkriminalität habe zu wenig fachkundiges Personal und die Strafen würden nicht ausreichen. Beschuldigte könnten sich zu oft aus Verfahren herauskaufen, etwa wenn der Fall mit einer Geldbuße beendet wird, sagt Brorhilker:
|
|
|
Dann haben wir den Befund: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.
“
|
|
|
Zur Erinnerung: Geschätzte zwölf Milliarden Euro sollen die Cum-Ex-Geschäfte die Steuerzahler gekostet haben. Dabei ließen sich Banken Steuern auf Dividenden zurückerstatten, die nie gezahlt wurden. Die ganze Geschichte des Betrugs und welche Rolle Bundeskanzler Olaf Scholz dabei spielt, haben wir in unserer Podcast-Reihe „True Crime“ erzählt. Hier geht’s zur ersten Folge.
|
Oder doch lieber lesen? Olaf Scholz hat in Sachen Cum-Ex schon viele Rollen gespielt. Er war mal der Empörte, dann wieder der Vergessliche und inzwischen der Verdächtige. Zusammen mit meinen Kollegen Lukas Herrmann, Nico Giese und Alexander Wiedmann habe ich die Rolle des Kanzlers in dem Steuerdiebstahl hier analysiert.
|
|
Aharon Haliva © IDF Spokesperson's Unit/CC BY-SA 3.0
|
|
Fehler mit Folgen: Aharon Haliva, der Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, tritt zurück – seine Amtszeit endet, sobald sein Nachfolger ernannt wurde. Sein Rücktritt ist die erste Folge der Fehler im Zusammenhang mit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober. Israels Oppositionsführer Jair Lapid lobte Halivas Entscheidung und schrieb auf der Plattform X:
|
|
|
Der Rücktritt des Leiters des israelischen Militärgeheimdienstes ist gerechtfertigt und ehrenvoll. Es wäre angemessen gewesen, wenn Premierminister Netanjahu dasselbe getan hätte.
“
|
|
|
|
Martin Brudermüller, Vorstandsvorsitzender der BASF SE © dpa
|
|
Goodbye: Am kommenden Donnerstag wird Martin Brudermüller nach einer 36-jährigen Tätigkeit die BASF verlassen – 18 Jahre davon war er im Vorstand, sechs als Vorstandsvorsitzender. Im Mai soll er der neue Aufsichtsratsvorsitzende von Mercedes-Benz werden. Den Vorstandsvorsitz von BASF übergibt er am 25. April an den bisherigen Asienvorstand Markus Kamieth. Im Interview mit dem Handelsblatt spricht er über Deutschlands Wirtschaftskrise. Die wichtigsten Aussagen lesen Sie heute im Überblick in der Business Class.
|
|
Zwei B-2 Tarnkappenbomber der U.S. Air Force © imago
|
|
Yearbook: Das Stockholmer Friedensinstitut SIPRI hat gestern in seinem jährlichen Bericht die weltweiten Militärausgaben veröffentlicht. Folgen Sie mir für das Zahlenwerk hinter der Veröffentlichung!
|
|
Christian Klein, Chef von SAP © imago
|
|
Der Konzern aus Baden-Württemberg hat sich gestern in die Bücher schauen lassen. Wie es SAP im ersten Quartal des neuen Jahres erging? Alle Zahlen, Daten und Fakten lesen Sie hier!
|
|
Josephine Baker © imago
|
|
Ikone: 1925 debütierte die damals 19-jährige Josephine Baker mit „La Revue Nègre“ am Théâtre des Champs-Élysées in Paris. Sie wurde zu einer gefeierten Künstlerin ihrer Zeit. Von der Bühne des Nelson-Theaters am Kurfürstendamm eroberte sie mit ihrem erotischen Tanzstil, bei dem sie meist leicht bekleidet war, vor etwa 100 Jahren auch Berlin.
Doppelleben: Der alltägliche Rassismus in den USA trieb sie Richtung Europa, wo sie als Star gefeiert und nicht angefeindet wurde. 1937 heiratete Baker den französischen Juden und Industriellen Jean Lion und wurde schließlich französische Staatsbürgerin. Als zwei Jahre später die Nazis auf dem Vormarsch waren, half Baker zunächst beim Roten Kreuz. Schließlich kam sie mit der französischen Widerstandsbewegung, der „Résistance", in Kontakt. Die Tänzerin ließ sich zur Agentin ausbilden.
|
|
Jean Lion und Josephine Baker (1937) © imago
|
|
Nicht nur versteckte sie von den Nazis verfolgte Personen auf ihrem Anwesen in Frankreich, sondern transportierte geheime Informationen, unter anderem mit unsichtbarer Tinte auf ihren Partituren in ihrem Tourneegepäck. Nach dem Krieg erhielt sie für ihre Dienste das Band der französischen Ehrenlegion und die Médaille de la Résistance. „Icon in Motion“: Die Neue Nationalgalerie in Berlin widmet Baker nun eine Ausstellung. Die Kuratoren in der Neuen Nationalgalerie zeigen sie als „Icon in Motion“ – eine Ikone in Bewegung, die schon deshalb besonders war, weil sie in ihrer Zeit Beziehungen mit Männern und Frauen unterhielt und insgesamt viermal verheiratet war. Sie war eine emanzipierte Frau, bevor das Wort Emanzipation überhaupt den Weg in die Alltagssprache gefunden hatte.
|
|
Akt der Tänzerin Josephine Baker © dpa
|
|
Noch haben Sie bis zum 1. Mai Zeit, sich die Ausstellung über das Lebenskunstwerk von Josephine Baker anzuschauen, einer Frau, die andere anstiften wollte, Gutes zu tun – und ihre Trägheitsmomente zu überwinden:
|
|
|
Weit ist der Weg vom Ohr zum Herzen, aber noch weiter ist der Weg zu den helfenden Händen.
“
|
|
|
Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Start in den neuen Tag. Bleiben Sie mir gewogen. Herzlichst grüßt Sie, Ihr
|
|
Gabor Steingart Herausgeber The Pioneer
|
|
Redaktion Lukas Herrmann (Leitung), Nico Giese und Paulina Metzler.
Außerdem mitgewirkt haben heute Tatiana Laudien und Luisa Nuhr.
GrafikenHenning Schmitter (Titelbild)
|
Pioneer Briefing teilen,
Dankeschön erhalten.
|
Wenn Ihnen mein Newsletter gefällt, würde ich mich über eine Weiterempfehlung an Ihre Freunde, Familie oder Kollegen sehr freuen.
|
Noch
3
Weiterempfehlungen
bis zur nächsten Pioneer-Prämie:
Morning Briefing Kaffeetasse
Plus: Ich möchte Sie zur
Dinnerfahrt
auf unser Medienschiff The Pioneer One einladen. Alle 3 Monate verlosen wir 5x2 Tickets.
Mit jeder Empfehlung besitzen Sie ein zusätzliches Los.
Ich freue mich auf Sie!
|
|
ODER DIREKT DEN PERSÖNLICHEN EMPFEHLUNGS-LINK KOPIEREN
|
|
EMPFEHLUNGS-LINK TEILEN
|
|
Für die Teilnahme am Weiterempfehlungsprogramm gelten folgende
Teilnahmebedingungen
|
|
|
|
Ihre Meinung
|
Wie zufrieden sind Sie mit dem heutigen The Pioneer Briefing von Gabor Steingart?
|
|
|
Hier können Sie kostenlos das The Pioneer Briefing abonnieren.
|
|
|
Fügen Sie bitte die E-Mail-Adresse news@news.gaborsteingart.com Ihrem Adressbuch oder der Liste sicherer Absender hinzu. Dadurch stellen Sie sicher, dass unsere Mail Sie auch in Zukunft erreicht.
Dieser Newsletter wurde an mail@rosinakaiser.de gesendet. Wollen Sie diesen Newsletter in Zukunft nicht mehr erhalten, klicken Sie bitte hier .
Media Pioneer Publishing AG Bleibtreustr. 20 10623 Berlin E-Mail:economy-edition-pioneer-briefing@mediapioneer.com
Eintragung im Handelsregister Registergericht: Amtsgericht Charlottenburg Registernummer: HRB 217945 B Vorstand: Ingo Rieper
Verantwortlich für den Inhalt nach § 18 Abs. 2 MStV: Gabor Steingart Bleibtreustr. 20 10623 Berlin
Datenschutz
Wir verwenden Bilder von imago images
|
|
|