Lufthansa-Rettung :
Ein erschütternd langer Poker

Timo Kotowski
Ein Kommentar von Timo Kotowski
Lesezeit: 2 Min.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr
Die politischen Diskussionen um die Lufthansa-Rettung dauerten viel zu lang. Auch wenn das Konzept Zumutungen enthält, sollten Aktionäre ihm zustimmen. Sonst bleibt bald nur noch ein Scherbenhaufen.

Endlich, eine Einigung. Man muss erleichtert sein, dass sich der Bund auf den Rahmen eines Rettungspakets für die Deutsche Lufthansa, immerhin der größte Flugkonzern in ganz Europa, einigen konnte. Viel zu lange dauerte das Hickhack über die konkrete Höhe eines Staatsanteils und über politische Begehrlichkeiten, eine Fluggesellschaft mitregieren zu können.

Das hat unter Anlegern sicher Vertrauen beschädigt und dem Marktwert des Konzerns geschadet. Sogar die Drohung mit einem insolvenzähnlichen Schutzschirmverfahren war nötig, um Rettungsauswüchse zu verhindern. Dabei war jedem klar, dass dieses Verfahren viele Nachteile bringt – für Geschäftspartner der Lufthansa und auch deren Beschäftigte: Die Sanierung im Schutzschirmverfahren hätte für sie schmerzlich Einschnitte bedeutet. Wechselseitige Schuldzuweisungen, dass entweder die Konzernführung zu forsch aufgetreten sei oder die Bundesregierung zu viele Bedingungen verlangt hätte, wären die Folge gewiesen.

Viele Zumutungen

Der Kompromiss mit einem 20-Prozent-Staatsanteil verhindert nun diese Schlammschlacht. Ebenso sind Maximalforderungen wie eine staatliche Sperrminorität, die unternehmerischen Gestaltungsraum massiv beschnitten hätte, abgewendet. Beschäftigte, Aktionäre und Konzernmanagement dürfen in diesem Punkt aufatmen. Es hat sich gelohnt, in dieser Streitfrage nicht einfach nachzugeben. Ansonsten enthält das Rettungspaket viele Zumutungen, die zu schlucken sein werden, wenn man nicht in letzter Minute doch noch mit der Insolvenz des traditionsreichen Unternehmens liebäugeln will.

Der Bund wird größter Aktionär und bekommt seine Anteile zum Billigtarif, Aktionäre müssten an der Börse trotz aller Kursverluste ein Vielfaches zahlen. Das hat zur Folge, dass über den direkten Staatseinstieg nur ein Bruchteil der nötigen Hilfsmittel in die Konzernkasse gelangt. Lufthansa bekommt daher einen Schuldenberg von 3 Milliarden Euro und zusätzlich die Last auferlegt, eine an den Staat ausgegebene Wandelanleihe zurückzuzahlen. Das nimmt viel finanziellen Spielraum im weiterhin harten Wettkampf am Himmel. Das Geld wird für Investitionen fehlen – möglicherweise auch für den Kauf weiterer neuer Flugzeuge, die weniger Kerosin verfeuern und somit das Klima weniger belasten.

Das Geschacher der vergangenen Wochen war erschütternd. Man konnte den Eindruck gewinnen, es gehe weniger um die Rettung von Konzern und Arbeitsplätzen als vielmehr um politischen Einfluss. Eine Krise wie in der Corona-Pandemie erfordert aber schnelles, entschlossenes Handeln – davon war zu wenig zu sehen. Nun sollten die Aktionäre auf ein Taktieren und Pokern auf eine günstigere Lösung verzichten und – wenn auch mit Unmut – den Weg für das Rettungspaket freimachen. Wenn sie den Plan durchfallen ließen, bliebe in einem Monat ein Scherbenhaufen.