Thomas Kemmerich ist in Thüringen das Kunststück gelungen, sich vor seinen Wählern so zu verbeugen, dass sie nur noch sein Gesäß sehen. Die gut 59.000 Wähler der Thüringer FDP haben sicher vieles gewollt. Aber dass sich der Spitzenkandidat der kleinsten Partei im Landtag mit den Stimmen der AfD zum Regierungschef küren lässt, das haben sie mit Sicherheit nicht gewünscht – jedenfalls nicht, wenn sie ernst nehmen, wofür die FDP steht. Zumal die AfD in Thüringen wohl der übelste Landesverband der Gesamtpartei ist.
Mit den Gemäßigten in der AfD haben die Rabauken um Björn Höcke in etwa so viel gemein wie Mutter Teresa mit Arnold Schwarzenegger. Die wildesten völkischen Ideen, das radikalste Gebräu aufgeraffter brauner, auch antisemitischer Gedanken lassen sich im thüringischen Landesverband finden; vertreten von Personen, die zwischen Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus hin und her schwanken. Kemmerich wird von diesen Leuten künftig auf Gedeih und Verderb abhängen.
Und mit ihm die Christdemokraten um ihren glücklosen Vorsitzenden Mike Mohring. Mohring muss in einem engen Verhältnis zur Dummheit stehen. Anders kann man sich die politische Beschränktheit nicht erklären, seine CDU ohne Not in dieselbe Ecke mit ausgerechnet dieser AfD zu stellen. Wäre es keine Einfalt, hätte es Methode. Man müsste dann davon ausgehen, dass Mike Mohring sich und seine Partei nicht blind in diese missliche Lage führte, sondern es vorher klare Absprachen mit der FDP und womöglich sogar mit der AfD gab. Und keiner komme damit, wenigstens die Linkspartei mit diesem Gemauschel verhindert zu haben. Sicher, auch sie ist anstößig. Doch ein Geheimbündnis mit der Höcke-AfD geht gar nicht.
Wie auch immer man es drehen und wenden mag, Kemmerich und Mohring haben ihren Parteien, die bis heute für die Stabilität der bundesdeutschen Parteienlandschaft stehen und mehr als andere die Geschichte des Landes verkörpern, einen schweren Schaden zugefügt.
Sie haben Freie und Christdemokraten in die Nähe des Extremismus geführt und Björn Höcke einen Sieg davontragen lassen, den er nach alten bundesdeutschen Gepflogenheiten niemals bekommen hätte. Darüber hinaus haben Kemmerich und Mohring Höcke dazu verholfen, nun der große, starke Mann der AfD zu werden, dem es gelang, was den Gemäßigten in seiner Partei bisher versagt blieb.
Und Thüringen? Dieses Land wird nicht zur Ruhe kommen. Es ist zur Stunde schwer vorstellbar, dass sich dort ein Regierungschef halten wird, dem fünf Prozent der Wähler ihre Stimme gaben.